Eine bessere Welt wird nicht gewählt!

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Hinweis
Wie bereits im Titel steht, ist folgender Vortrag ein Diskussionsanstoß. Und zwar ein Anstoß weg von der – gerade im Wahlkampf – allgegenwärtigen Frage: Wer kann Deutschland, wie am besten führen? Hin zu der Frage: Deutschlands Erfolg, was ist das überhaupt? Und wie kommen die vielen Wähler*innen da eigentlich vor, die alle vier Jahre an die Urne gerufen werden?
Dafür schauen wir uns den Wahlakt als solchen einmal genauer an und gehen auf die nicht zu wählenden Inhalte der Ämter ein, auf die Politiker*innen gewählt werden. Am Ende führen wir aus, was denn nun aus unserer Kritik folgt.
Natürlich stellen wir uns den Anspruch, möglichst nur richtige Sachen zu sagen – schließlich wollen wir uns Sachen, an denen wir uns stören, ja vernünftig erklären. Trotzdem ist der Vortrag ein Diskussionsanstoß – ohne absoluten Geltungsanspruch. Wir meinen gute Gründe zu haben, ganz anders auf die Wahlen zu blicken und wollen mit dem Gesagten dazu anregen, uns dies gleich zu tun und sich dahingehend damit zu beschäftigen.
Also hat sich bestimmt der ein oder andere Fehler oder eine Verkürzung eingeschlichen. Dazu kann man gerne mit uns in den Austausch treten, wir sind sehr daran interessiert.
Viel Spaß beim Hören!
Zwei Ungenauigkeiten sind uns im Nachhinein bereits aufgefallen:
Sozialstaat: Die vortragende Person legt den Fokus sehr darauf, dass aufgrund des Zwangs zum nationalen Wirtschaftswachstums, die Möglichkeiten der Politik für soziale Verbesserungen genau an diesem Wachstum begrenzt sind. Das ist zwar richtig, jedoch könnte man so falsch verstehen, dass der Sozialstaat an sich eine tolle Sache für die Leute ist, nur leider Grenzen nach oben hat. So war der Sozialstaat aber nie gedacht und wird so von den Parteien (bis auf Teilen der Linken) auch nicht betrachtet. Diese stehen auf dem Standpunkt eben Deutschland nach vorne zu bringen und benötigen dazu den Sozialstaat – nicht um wohlmögliches Potenzial sozialer Verbesserung auszureizen. Was soll das heißen: Die Politiker*innen, die ihre Handlungsfreiheit komplett aus dem Erfolg einer auf die Geldvermehrung ausgelegten Wirtschaft beziehen, müssen sozial in diese eingreifen. Aber eben nicht aus gutmenschlichen Gründen, weil sie die prekäre Situation der Leute nicht aushalten, sondern im Gegenteil. Um sie so prekär, heißt nützlich zu erhalten. Einfacher gesagt: Die vielen sozialstaatlichen Regelungen sorgen dafür, dass die Arbeiter*innen von der Konkurrenz der Unternehmen nicht so verschlissen werden, dass sie nicht mehr nützlich für die Unternehmen sind: Ohne Arbeitsschutz, viele Tote = weniger Arbeitskräfte, ohne Krankenkasse keine Genesung = weniger Arbeitskräfte, ohne staatliche Bildung, keine gefragten Kompetenzen = weniger nützliche Arbeitskräfte. Der Sozialstaat leistet also vor allem eines: Die Erhaltung der Arbeiter*innenklasse, damit sie auch morgen wieder nach dem Bedarf des Kapitals arbeiten kann. Damit verewigt sich die prekäre Stellung. Übrigens: Die Anhänger*innen dieser Nation achten ziemlich genau darauf, dass der Sozialstaat auch wirklich nur soweit greift, wie für diesen Zweck notwendig.
Thema Ukraine-Krieg/Staatenkonkurrenz: Die Gründe für Kriege haben wir (zu) schnell abgehandelt. Richtigerweise wurde benannt, dass die Staaten in ihrer Souveränität (Handlungsfreiheit) vom Erfolg des Geschäftemachens ihrer Unternehmen abhängig sind. Da diese Souveränität das oberste Ziel einer Regierung ist, sorgt sie nach Innen für gute Bedingungen für das Geschäfte machen. Nach Außen möchte sie dies natürlich auch, nur trifft sie dort ja auf andere souveräne Staaten, die genau das gleiche vorhaben. Diesen damit notwendigen Widerspruch zwischen den Staaten haben wir damit richtig angerissen: Alle bemühen sich darum, das potenzielle Kapitalwachstum auf der Welt für seine Konzerne zu erhalten.
Das heißt aber nicht, dass Staaten Krieg für Kapitalwachstum führen. Ja, Russlands notwendiges Interesse an einer ökonomischen Machtbasis ist mit der Westbindung Osteuropas und der Ukraine geschädigt. Mit dem Einmarsch in die Ukraine geht es ihnen aber nicht um die Ökonomie – so ein Krieg zerstört ja erst einmal ziemlich viel Kapital. Es geht ihnen um einen Weltmachtsanspruch. In anderen Worten, es geht ihnen darum, dass die Ukraine, bzw. die NATO/der Westen, den russischen Souveränitätsanspruch anerkennt, also die „berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands“ berücksichtigt. Das ist was anderes, als dass es Ihnen stumpf um z.B. Rohstoffe im Donbass geht. Trotzdem hat es was mit der Ökonomie zu tun. Dafür einen kleinen Schritt zurück: Über Staatsgewalten steht kein Recht. Das Recht, das zwischen Staaten gilt, ist also nicht so zu verstehen, wie nach es Innen die Gesetzbücher gibt. Das Recht zwischen souveränen Staaten sieht so aus: Sie gehen jede Beziehung, jedes Abkommen, jeden Vertrag mit Blick auf ihrem Vorteil, sprich besseren BEDINGUNGEN für die Geldvermehrung ihres Kapitals, ein. Wie viel sich so ein Staat rausnehmen kann in diesen zwischenstaatlichen Verhältnissen ist bestimmt von seiner ökonomischen, aber auch militärischen Macht. Deshalb möchte er diese vergrößern. Frieden ist also das akzeptierte Unter-/Überordnungsverhältnis von Staaten. Da es den Staaten aber um die Vergrößerung ihrer Macht gehen muss, prüfen und kalkulieren sie laufend, welche Unterordnungen sie weiterhin dulden/ über welche sie sich überordnen können. Zurück zum Beispiel: Die Grundlage für die russische Souveränität ist ihre Ökonomie, für die Ökonomie aber auch ihre Souveränität. Das russische Wort soll in der Welt (wie auch das deutsche) in Abkommen, Verträgen, etc. möglichst viel gelten. Nun galt es aber offensichtlich nicht, ihre Sicherheitsinteressen wurden am laufenden Band vom Westen missachtet. Sie akzeptierten das geforderte Verhältnis nicht. Mit dem Blick auf die militärischen Mittel kalkulierte die Führung entsprechend mit direkter Gewalt, ihrem Wort Gewicht zu verleihen. Also – darum geht es kapitalistischen Staaten im Krieg – um die Geltung ihres Wortes. Als absolute Grundlage eben für den die erfolgreiche Ökonomie, die eben nie alle Staaten in einer Konkurrenz haben können.
Auch dies ist nur eine rudimentäre Erweiterung des Vortrags. Eine genauere Befassung folgt in (absehbarer) Zukunft.