Medien. Macht. Meinung
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Einladungstext
Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius verlangt, dass die deutsche Bevölkerung in wenigen Jahren „kriegstüchtig“ sein
müsse. Die Spiegel-Chefredaktion kündigt dazu an, die Deutschen aus ihrem „pazifistischen Wolkenkuckucksheim“ herauszuholen. Sie hat also kein Problem mit einem solchen Anspruch aus dem Verteidigungsministerium, sondern macht sich ganz im Gegenteil dessen Forderung zur eigenen Aufgabe.
Nun behauptet die Presse in Deutschland ja gerne von sich selbst, dass sie so objektiv wie möglich unterrichten will. Hiesige
Journalisten legen Wert auf die Trennung von „Information“ und „Meinung“ und stellen sich selbst in Gegensatz zu den Staatsmedien autoritärer Staaten. Sie wollen in ihrem Informationsteil selbstverständlich keine „Propaganda“ machen, sondern ihr Publikum mit sachlicher Aufklärung versorgen.
Die tatsächlichen Leistungen deutscher Journalisten haben mit diesem Selbstbild wenig zu tun. Das zeigt nicht nur die Ankündigung der Spiegel-Redaktion. Schon in den sogenannten „normalen Zeiten“ ist die politische Berichterstattung der deutschen Leitmedien selektiv und durchsetzt von parteilichen Begrifflichkeiten und Feindbildern; sie reißt Dinge aus dem Zusammenhang und konstruiert subjektlose Subjekte; sie nutzt die emotionale Wirkung personalisierender Reportagen wie die Autorität intransparenter Statistiken, Studien und Experten.
In den aktuellen Kriegen und Konflikten besteht ihre tägliche Praxis darin, das Publikum mit ihrem gesamten Instrumentarium auf
die staatlichen Leitlinien einzuschwören; dabei geht sie nicht weniger manipulativ vor als die gelenkten „Propaganda-Instrumente“ der von ihr verachteten und attackierten „autoritären Staaten“.